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Knopfbündel

Um aufzuzeigen, dass ein sachliches Argumentieren „gegen Faschismus“ nichts bringt, bietet die Grünen-Politikerin Marina Weisband (aka Afelia) auf Twitter einen „Test“ an:

Eine Person bekommt einen Knopf vorgesetzt; jedesmal, wenn die Person diesen Knopf drückt, steigert sich das eigene Wohlbefinden; gleichzeitig wird einer Person, die man weder sieht noch kennt, geschadet.

Frau Weisband scheint davon auszugehen, dass es keine rationalen Gründe gibt, den Knopf nicht zu drücken. Weil es aber prinzipiell falsch ist, anderen Menschen zu schaden, ist es auch falsch, den Knopf zu drücken. Um also jemanden davon abzubringen, den Knopf zu drücken, müssen alternativen zum rationalen Diskurs umgesetzt werden.

Klingt erstmal logisch. Aber ist das wirklich so?

Zunächst einmal muss gesagt werden: Es handelt sich hierbei weniger um einen „Test“ als vielmehr um ein Gedankenexperiment, das zudem eine Vorlage in der Populärkultur besitzt. Richard Matheson hat 1970 eine Kurzgeschichte namens „Button, Button“ veröffentlicht, die sowohl in einer Folge der TV-Serie „The Twilight Zone“ als auch als eigener Film adaptiert wurde.

Dann verwundert es, dass in Bezug auf Faschismus ausgerechnet dieses fiktive Gedankenspiel bemüht wird, wo es doch ein ganz reales psychologisches Experiment mit Knöpfedrücken gegeben hat.

Die grundlegende Frage, die bei so einem fiktiven Gedankenspiel jedoch gestellt werden muss, bezieht sich auf den Ort, an dem es sich vollziehen soll: Ist das hypothetische Szenario in der realen Welt angesiedelt, oder spielt es in einer fiktionalen Welt, die je nach Gusto der Aufgabenstellerin ausgestaltet ist?

Falls das Szenario nicht in der realen Welt angesiedelt ist, so kann freilich das Ergebnis durch die Aufgabenstellung ganz einfach vorgegeben werden: Die Parameter, welche zu einer Antwort führen, lassen sich ausgerichtet am gewünschten Ergebnis schlicht setzen.

Falls das Szenario jedoch in der realen Welt spielen soll, so muss eine wesentliche Sache anerkannt werden: Wohlbefinden ist kein Nullsummenspiel. Das Glück des einen bedeutet nicht per se das Unglück eines anderen. Darum kann es einem auch jenseits des Knopfes besser gehen, ohne jemand anderem zu schaden. Das ist rational betrachtet die bessere Option, und diese bessere Option muss der Person am Knopf vermittelt werden. Damit besteht immer eine Notwendigkeit, den rationalen Diskurs zu suchen.

Anyhoo, hier nun ein paar Gründe, warum es die bessere Option ist, den Knopf nicht zu drücken:

  1. Das zukünftige Ich der Knopfdrückerin bleibt unbelastet, falls sie einen Sinneswandel hat:
    Die individuelle Handlungsfreiheit wird nachhaltig vor Schuld(gefühlen) bewahrt, jemandem geschadet zu haben, und damit auch als individuelle Handlungsfreiheit per se geschützt.
  2. Das gegenwärtige Ich der Knopfdrückerin bleibt unabhängig:
    Der Knopf ist nicht einfach nur da, sondern es handelt sich um eine im weitesten Sinne technische Vorrichtung, durch deren Bedienung man sich unter die Macht des Konstrukteurs begibt; der Konstrukteur wiederum zeichnet für die technisch bewerkstelligten Zusammenhänge verantwortlich.
  3. Die Ressourcen sind begrenzt, wenn es darum gehen soll, den Knopf wiederholt zu drücken:
    Es gibt nicht unendlich viele Menschen, die man nicht kennt oder – gerade in Zeiten von Massenmedien und Internet – nicht sieht. Demgegenüber sind die Optionen für Wohlbefinden jenseits des Knopfes potenziell unendlich, da sie nicht von einer speziellen Ressource abhängen.
  4. Falls die Intention der Kopfdrückerin das eigene Wohlbefinden ist und nicht die Misere eines anderen, so sind diejenigen Optionen vorzuziehen, die sich rein auf das eigene Wohlbefinden reduzieren, weil das Wohlbefinden auf diese Weise einfacher, d.h. weniger komplex, maximiert werden kann.
  5. Falls die Intention der Knopfdrückerin die Misere eines anderen ist, aus dem sie erst ihr eigenes Wohlbefinden zieht, so ist der Knopf ungeeignet für diese Absicht. Die Knopfdrückerin weiß ja schließlich nicht, wem konkret geschadet wird, und sie sieht denjenigen auch nicht. Das Ergebnis des Knopfdrückens wäre ausschließlich der eigenen Phantasie überlassen, und Misere-Phantasien gibt es letztlich auch ganz ohne Knopf, er ist also nicht notwendig dafür.
  6. Der Konstrukteur des Knopfes ist nicht vertrauenswürdig, weil das Schädigen eines anderen ein Feature und kein Bug ist:
    Damit steht die Funktionsweise des Knopfes im Widerspruch zur Natur des Wohlbefindens in der realen Welt. Möglicherweise zielt der Mechanismus auf „nosce te ipsum“ und soll zeigen, dass die Knopfdrückerin sich selbst nicht kennt bzw. sieht – womit sie Gefahr läuft, sich bei Knopfdruck sogar tatsächlich selbst zu schaden. 

Liste ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

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