Als Leser der ersten Stunde bei Gegenstimme, PI, Fakten/Fiktionen und wie sie alle hießen
und heißen ist mir bereits im Jahr 2005, kurz nach der Auflösung des Bundestags, bewusst geworden, was das eigentliche Moment war, das diesen Teil der Blogosphäre verbunden hat: der gemeinsame Feind, der sich in der rotgrünen Bundesregierung institutionalisiert hatte. In der Ablehnung der Regierung Schröder trafen sich Konservative, Liberale, Libertäre, Republikaner und wasnichtalles.
Der Regierungswechsel stellte dann eine Art „Ende der Geschichte“ dar, die „Anti-Schröder-Koalition“ zerbrach. Ich erinnere mich da an einen Schlagabtausch zwischen den Blogs PI und Statler&Waldorf zum Thema Moscheebau, als der islamkritische Neokonservatismus PIs auf einen konsequent verfochtenen Liberalismus traf und in dessen Folge die Blogrolls kürzer und die gegenseitigen Verweise spärlicher ausfielen. Das war für mich ein Zeichen dafür, dass es letztendlich nur die Definition über ein „Anti-“ war, auf dem die meisten Blogs zumindest hauptsächlich aufbauten.
PI hat das nun konsequent durchgezogen und auf das größte „Anti-“ gesetzt, das nach dem „Anti-Anti-amerikanismus“, der durch den Regierungswechsel in Deutschland nicht mehr so recht greifbar war, kam. Dadurch wurden zwar mehr oder minder brutal alte Brücken abgeschlagen, aber zugleich ein neues Reservoir an Lesern eröffnet; PI konnte auf diese Weise zum „Rockstar der Islamkritik“ werden. Dass dabei nun der eine oder andere Wolf im Schafspelz hinzukam, ist in der Natur der Sache angelegt: über ein solches „Anti-“ ist Unterstützung eben sehr viel leichter zu finden.
Was letztendlich jedoch nötig erscheint, ist die Freiheitsliebe als Antrieb der politischen Beobachtung herauszustreichen, die Identifizierung über ein Positivum, nicht über eine Negation. Das wird natürlich den einen oder anderen Unterstützer kosten, aber es stellt diesen Teil der Blogosphäre auf eine solide ideelle Basis.
Islamkritik kann als Selbstzweck nicht funktionieren, da Kritik an und für sich niemals ein Selbstzweck ist. Und wenn man vergisst, von welcher Grundlage aus man Kritik übt, dann öffnet man die Tür für all diejenigen, die den vermeintlichen Selbstzweck in den Dienst der Knechtschaft stellen wollen.
Die eigentliche Frage ist doch: Was qualifiziert das Schlechte zum Schlechten? Warum wird die Islamisierung als negativ bewertet? Da können ein Realsozialist wie auch eine Feministin beide schreiben, dass sie die Islamisierung ablehnen, und doch unterscheiden die sich sowohl voneinander als auch jeweils von einem Dritten meilenweit. Und genau diese(n) Unterschied(e) gilt es herauszustreichen.
Um ein Analogbeispiel zu bringen: Sowohl der aufrechte Realsozialist als auch der konsequente Liberale lehnen den Nationalsozialismus ab; dies allerdings aus vollkommen unterschiedlichen Motivationen heraus. Der Realsozialist, weil er im Nationalsozialismus einen Konkurrenten in Sachen Kollektivismus sieht; der Liberale, weil er den Kollektivismus per se ablehnt. Beide mögen zwar in gewisser Weise Gemeinsamkeiten haben, wenn sie über den Nationalsozialismus diskutieren.
Wenn der Liberale seine Wurzeln aber vergisst und die Ablehnung nur noch zum Selbstzweck betreibt, dann begibt er sich in die Höhle des Realsozialisten und überlässt diesem die Deutungshoheit über die Grundlage der Diskussion, sprich: Er lässt zu, dass der Kollektivismus als solcher auf Akzeptanz stößt.
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