Der Bundestag hat gestern PID erlaubt. Ohne jetzt in die komplette Diskussion gehen zu wollen, muss doch ein Einwurf des SPD-Politikers Lauterbach hervorgehoben werden, den dieser in die Debatte gebracht hat: Die Meinung, bei einem Embryo handle es sich bereits um einen Menschen, sei eine religiöse Begründung.
Das heißt: Das biologisch messbare Vorhandensein neuen menschlichen Genmaterials im Zuge der Verschmelzung von Eizelle und Spermium soll nach Lauterbach eine „religiöse Begründung“ liefern.
Die Sache ist nun haarig, weil a) das genetische Material, das bereits mit einer einzigen Zelle nach der Veschmelzung von Ei und Spermium vorliegt, weder dem Vater noch der Mutter zugeordnet werden kann, sondern tatsächlich eigenständig ist; und weil b) dieses genetische Material außerhalb dieser Zelle nirgends gefunden werden kann.
Insofern sollte man eigentlich – gerade wenn man nicht religiös an die Sache herangeht und jenseits metaphysischer Menschenbegriffe die Vernunft walten läßt – anerkennen, dass es sich bei dieser eine Zelle (wie auch beim späteren „Zellhaufen“) um den Körper dieses neuen menschlichen Genmaterials handelt.
Da sich der genetische Fingerabdruck nicht mehr ändert, sollte man recht eigentlich – ganz ideologiefrei – anerkennen können, dass hier eine Entwicklung als Mensch, nicht zum Menschen hin, geschieht.
Ich stimme weitgehend zu: Die Frage nach dem Menschsein geht, wenn wir sie konsequent beantworten wollen, über den wissenchaftlichen Kern hinaus in den Bereich des Glaubens hinein. Die darauf aufbauende Frage ist allerdings: Kann bzw. darf der Glaube (oder neutraler: die Weltanschauung), die letztlich über jene ethische Position richtet, dem wissenschaftlichen Boden widersprechen oder nicht?
Spätere Phasen der embryonalen Entwicklung mögen alle im Rahmen einer jeweiligen Weltanschauung als Antwort auf die Frage nach dem Menschsein herhalten – sie gehen allerdings (fast) alle davon aus, dass der Kern der Frage „Was ist ein Mensch?“ darin besteht, dass ein Mensch biologisch von Menschen abstammt, ob sie das nun explizit sagen oder nur implizit annehmen. Insofern ist die Beschränkung auf diesen Kern, der als conditio sine qua non des Menschseins weitgehend anerkannt wird, nicht unbedingt eine „religiöse Begründung“ (auch wenn es religiöse Gruppen geben mag, die das ebenso sehen), sondern eine Begründung, die unabhängig von politischer, ideologischer oder religiöser Ausrichtung standhält.
Das Gesetz läuft nun entweder darauf hinaus, dass diese conditio sine qua non – und damit die Biologie – nicht mehr anerkannt wird, oder aber dass die Menschenwürde keine prinzipielle Universalität mehr genießt.
Natürlich muss man unterscheiden zwischen biologischen und religiösen Konstrukten, die sich beide einen Menschen basteln. Warum nun aber gerade das biologische Konzept keinerlei oder nur eine nachgeordnete Relevanz haben sollte, muss erläutert werden: Gibt es dazu denn eine vernünftige Herleitung oder souffliert das ein unsichtbares Allmachtswesen?
Am Ende macht es auch nichts aus, in welchem Maße das menschliche Genmaterial mit dem von anderen (Säuge-)Tieren identisch ist – es kann als menschlich identifiziert werden. Und mehr noch: Zwei unterschiedliche menschliche Zellen können aufgrund des Erbmaterials verschiedenen Menschen als Individuen zugeordnet werden.
Es geht letztlich um befruchtete Eizellen, die die einzigen Träger neuer menschlicher DNS sind und die von jeder anderen (Körper-)Zelle eines Elternteils unterschieden werden können. Hier sind, um zu abstrahieren, „vorhandene Zelle“ und „Gesamtheit der Körperzellen“ noch identisch; zu einem späteren Zeitpunkt ändert sich das. Dies betrifft jedoch lediglich die Quantität und kein qualitatives Merkmal.

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