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Nachtgedanken: „The Last Jedi“

Zuerst

Ich bin froh, dass endlich mal gezeigt wurde, wie ein echter Jedi kämpfen kann – nämlich mit der Macht statt dem Lichtschwert.

Zuzweit

Luke Skywalker erfüllt in diesem Film exakt das, was Anakin in zwei Trilogien gesucht hat, was Palpatine versprochen hat, und was Qui-Gon, Obi-Wan und Yoda als Möglichkeit aufgezeigt haben: Leben und Tod vermittels der Macht zu transzendieren. Das bringt endlich auch zu Ende, was der im Exil geläuterte Yoda in „Das Imperium schlägt zurück“ über die Macht erzählt.

Zudritt

Alles in allem fand ich The Last Jedi echt gut, wenn auch nicht ganz auf dem Niveau von The Force Awakens, der v.a. stromlinienförmiger in der Erzählstruktur ist. Die zweite Hälfte von Episode 8 ist dabei bedeutend besser als die erste, und Hamillhimself hat schlichtweg brilliant gespielt. Was mir nun nach dem zweiten Kinobesuch aufgefallen ist:

Gerade der Handlungsstrang rund um Canto Bight hat mich überrascht, denn so ein großer Umweg in der Erzählstruktur scheint mir das doch nicht zu sein. Im Gegenteil greift es einen Zug auf, der schon in Episode 7 existiert: Wenn Han Solo das erste Mal auftritt und sich dann bei Kanjiklub und dem Iren herausreden will, dann öffnet das die Geschichte, die wir verfolgen, hin zu einem größeren Universum, in dem es Gestalten und Figuren gibt, die eine Motivation jenseits der Gruppe von Leuten haben, deren Geschichte in den Filmen begleitet wird. Bei „Krieg der Sterne“ ist das in der Cantina-Szene vorhanden; bei „Das Imperium schlägt zurück“ in der Ansammlung von Kopfgeldjägern sowie anfangs auf Bespin; und bei „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ findet sich dies im ganzen Komplex rund um Jabba. The Last Jedi hat hierfür die Canto-Bight-Szene, und es zeigt sich dort, dass die eigentliche Welt, von der in dieser Trilogie erzählt wird, sehr viel größer ist. Das halte ich für einen großen Kontrast zu den Prequels: Dort entspricht die gezeigte Geschichte fast eins zu eins dem Universum, in dem sie spielt.

Auch das Produktionsdesign scheint mir weit weniger „Disney“ als ich a) zunächst gedacht und b) von einigen Seiten als Kritik gehört habe. Bestes Beispiel ist Vize-Admiral Holdo, die – gerade auch inklusive rosaner Frisur – vom Figuren-Design und der Charakterzeichnung nicht nur das darstellt, was wohl serviert worden wäre, wenn Lucas Ende der 1980er sofort eine Sequel-Trilogie verfilmt hätte, sondern auch das darstellt, was der Zuschauer in Rogue One hätte bekommen sollen.

Und was schon bei Episode 7 ein spaßiger Twist in der Erzählung war, kommt auch hier zum Tragen: dass nämlich die A-Storys der alten Trilogie zur (fast schon nebensächlichen) B-Handlung der Sequel-Trilogie werden. Bei Episode 7 war es die Todesstern-Zerstörung aus „Krieg der Sterne“, die gewissermaßen nebenbei geschieht, während in erster Linie Rey auf der Suche nach ihrer Identität a) einen Freund, b) eine Vaterfigur sowie c) ein Was-wäre-wenn-Negativbild von sich selbst zuerst findet und dann wieder verliert. The Last Jedi nimmt nun, in etwas kleinerem Rahmen, die Endsequenz von „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ im Thronsaal des Todessterns sowie die Flucht der Rebellen aus dem ersten Akt von „Das Imperium schlägt zurück“ als B-Story her, und erzählt vor diesem Hintergrund zwei Geschichten:

  1. wie das gefallene Idol Luke Skywalker zur hoffnungsvollen Legende wird, und
  2. wie der hitzköpfige Draufgänger Poe Dameron lernt, Verantwortung zu übernehmen.

Im Grunde sind diese beiden Figuren, Luke Skywalker und Poe Dameron, im gesamten Film auch die einzigen mit einem echten Handlungsbogen.

Im größeren – und realweltlichen – Zusammenhang, der sich ja auch immer wieder in den genderpolitisch motivierten Diskussionen um zeitgenössische Filmproduktionen niederschlägt, wird hier durch das Brennglas weiblicher Initiative gezeigt, wie zwei Männer lernen, das richtige zu tun. Dabei verlaufen die Handlungsbögen von Luke und Poe bzw. Rey und Leia symmetrisch ab: Will Rey zu Beginn, dass Luke aktiv in den Bürgerkrieg eingreift, so will Leia, dass Poe sich zurücknimmt. Am Ende greift Rey aktiv in den Bürgerkrieg ein und übernimmt, was Luke ihr hinterlässt, während Leia den Widerstand dazu auffordert, Poe zu folgen.

Diese Dynamik wird zwischen Finn und Rose leider nur halbherzig verfolgt, und das ist nach wie vor ein großer Kritikpunkt, den ich anmerken würde. Ebenso wie die Tatsache, dass Rose nun wohl zum neuen love interest für Finn wird, während Rey wahrscheinlich ganz klassisch und langweilig mit Poe zusammenkommen wird. Von der nun doch nicht stattfindenden Bro-mance zwischen Finn und Poe ganz zu schweigen.

Last not least

Ich würde jetzt tatsächlich und ernsthaft unterstellen, dass Rian Johnson mit dem Film die spekulationswütigen Fans bewusst trollt. Denn letztlich sind gerade die kontroversen Teile purer Fan-Service – mithin ja vielleicht der zentrale Grund, warum es unmöglich ist, einen Star-Wars-Film zu drehen, der die Fans rundweg überzeugt: Sie wollen eigentlich keinen Fan-Service, sondern nur etwas zum Nörgeln. Dazu passt auch die Anspielung von Maz Kanata auf den „Gewerkschafts-Disput“ (unverkennbar ein Verweis auf die Prequels), der die Leute im Grunde nicht interessiert, im Teaser des Bild-Kommunikators aber spannender zu sein scheint als die „Galactica“-Verfolgungsjagd. In diesem Sinne ist eigentlich auch Rose als Charakter ein stand-in für die Star-Wars-Fans: Sie bewundert den Widerstandshelden Finn für seine Heldentaten, weil er z.B. eigenwillig Entscheidungen gegen die größere Struktur getroffen hat, hält ihn aber dann mit einem Taser von einer weiteren Heldentat ab, weil er eigenwillig Entscheidungen gegen die größere Struktur trifft.

Leia Poppins, chim-chim-chiroo

Einerseits gibt es den Ruf nach einer größeren Rolle für Leia im Umgang mit der Macht, weil andererseits ja gerade die Familie Skywalker mit großer Teilhabe an der Macht gesegnet sei. Wenn nun Leia im hohen Alter ohne formale Ausbildung im Jedi-Tempel in einer Extremsituation die Macht verwendet, um ihr Leben zu retten, dann provoziert das natürlich einen Aufschrei – denn warum sollte eine Skywalker-Tochter quasi intuitiv so mächtig mit der Macht umgehen können? Das gehört doch alles zur Spekulation um MaRey Sue Skywalker!

Luke soll …

  • … gefälligst zur dunklen Seite der Macht wechseln!
    Tut er ja auch: In der Rückblende, für einen ganz kurzen Augenblick, der sofort wieder verfliegt. Und er zerstört mit diesem einen kurzen Moment der Dunkelheit sowohl sein Lebenswerk als auch die neue Friedensordnung nach dem Untergang des Imperiums. Classic Disney Luke.
  • … gefälligst ein Grauer Jedi sein!
    Ist er ja auch, technisch betrachtet. Er will nicht, dass die Jedi-Religion (!) das Monopol auf und die exklusive Verfügungsgewalt über die Macht besitzt, da die Jedi auf dem Höhepunkt ihrer Macht der dunklen Seite zum Sieg verholfen haben. Darum zieht er sich als vermeintlich letzter Jedi komplett von der Macht zurück, trinkt grüne Walrossmilch und übt sich im Speerfischen mit einem komödiantisch langen Speer.
    (Das ist übrigens eine weitere schöne Symmetrie: Luke kommt von blauer Milch auf Tatooine und einem grünen Lichtschwert im Endkampf mit Vader hin zu grüner Milch auf Ach-To und einem blauen Lichtschwert im Endkampf mit Kylo.)
  • … gefälligst der weiseste und beste und mächtigste Jedi und überhaupt … sein!
    Ist er ja auch; aber eben nicht so wie man das aus dem alten EU oder von den Jedi der Prequel-Trilogie her kennt. Wie weiter oben schon gesagt, führt Luke genau das aus und weiter und zu Ende, was in den Original-Trilogien gesagt wird, und daraus erwächst seine Stärke als Charakter. In Episode 5 unterweist Yoda Luke nicht im Umgang mit dem Lichtschwert, der Imperator bekämpft Luke am Ende von Episode 6 nicht mit dem Lichtschwert, und Vader tötet den Imperator ebenso nicht mit dem Lichtschwert. Die erste Lektion, die Luke Rey lehrt, enthält im Grunde schon alles, was dann später als pay-off im Klimax kommt. Man muss keine Sternzerstörer mit einem gezielten Lichtschwert-Wurf zerschneiden oder ein schwarzes Loch mit purer Gedankenkraft offenhalten können, um der mächtigste Jedi zu sein.

„Neue Sachen müssen her, und Altbekanntes soll nicht neu aufgegossen werden!“

Wenn nun aber der neue Anführer der Bösen kein Klon vom altbekannten Imperator Palpatine ist und wenn der neue maskierte Bösewicht keine exakte Kopie vong allseitz beliebte Darb Weder ist und wenn die neue Heldin weder die Tochter vom altbekannten Qui-Gon noch vom altbekannten Obi Wan noch vom altbekannten Luke noch von der altbekannten Leia oder sonst einem altbekannten Charakter ist, dann …

… wollen wir unser altbekanntes Star Wars zurück!

Solo: A Star Wars Story, Kinostart Mai 2018. Be prepared.

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