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„Schröders Ex und Honnis Erben“

Auch knappe vier Wochen vor der geplanten Vertrauensfrage streiten sich die WASG („Wahlalternative für Arbeit und soziale Gerechtigkeit“) und die SED-Nachfolgepartei PDS („Partei des demokratischen Sozialismus“) noch über das mögliche „Wie“ einer Zusammenarbeit respektive Fusion.

Nicht einmal die beiden Speerspitzen, der saarländische Napoleon Lafontaine und der wiedererstandene Funktionär Gysi, können für einen klaren Kurs sorgen. Für eine Parteienfusion und die damit einhergehenden Urabstimmungen der jeweiligen Basis reiche die Zeit nicht, ein darauf folgendes Angebot der PDS, WASG-Mitglieder in die eigene (offene) Liste aufzunehmen, wurde abgelehnt mit der Begründung, dass man ein Projekt anstrebe, welches auch im Westen wählbar sei. Dem geneigten Wähler müssten hierbei aber zuminest zwei Fragen in den Sinn kommen: Zum einen, ob die PDS denn überhaupt auch im Osten der Bundesrepublik wählbar ist. Und zum anderen, warum man hier nach Ost und West trennt.

Die Frage nach der Wählbarkeit der PDS in den neuen Bundesländern kann auf den ersten Blick nicht so einfach beantwortet werden. Vor allem deshalb, weil die PDS es in den letzten fünfzehn Jahren geschickt geschafft hat, von ihrer eigenen Vergangenheit als herrschende Classis im totalitär-faschistoiden Einheitsstaat abzulenken, während sie sich andererseits spätestens seit dem „Aufstand der Anständigen“ das Prädikat „zur demokratischen Mitte gehörend“ erworben hat und nun Seite an Seite mit den Opfern beider Diktaturen gegen die geistigen Kinder der Braunen marschiert. Nichts ist mehr da vom Schrecken der einstigen Mauerschützen. Keiner spricht mehr von den Namensgebern der „Stasi-Methoden“, dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS).

Innerhalb von nur fünzehn Jahren hat es eine menschenverachtende Diktatur sogar geschafft, einen „Kultstatus“ zu erlangen, durch den sie mit T-Shirts, Handy-Gimmicks und Fernsehsendungen geehrt und gepriesen wird, weil „damals“ sowieso alles besser gewesen zu sein scheint. Der Grund für diese revisionistischen Ansichten dürfte wohl hauptsächlich an der damaligen Regierung unter Helmut Kohl liegen, welche es versäumt hat, die Gräueltaten der SED-Diktatur im notwendigen Rahmen aufzuarbeiten. In diese Lücke ist die SED/PDS geschlüpft. Aus dem menschenfeindlichen und obrigkeitsstaatlichen Vormund von fast 17 Millionen Deutschen wurde die Stimme einer scheinbar unterdrückten Minderheit, die Stimme derer, die vom westlichen Imperialismus ausgebeutet und von Hartz IV auf die Straße gesetzt wurden. Dass diese Partei ihre Kampagnen und Wahlkämpfe aus Geldern finanziert, für die unschuldige Menschen sterben mussten, interessiert heutzutage scheinbar ebensowenig wie die Tatsache, dass sich die SED/PDS niemals für ihre Taten entschuldigt oder sich davon distanziert hat. Im Angesicht dessen, dass die katholische Kirche immer noch für ihre Vergangenheit kritisiert wird, obwohl Johannes Paul der Große im Jahr 2000 eingestand, dass Männer der Kirche in der Vergangenheit Fehler begingen und sich dafür entschuldigte, erscheint der Umgang mit der SED/PDS als das Produkt einer auf einem Auge blinden Gesellschaft. Und wenn man diesem Phänomen weiter gegenüberstellt, wie den geistigen Nachfolgern der anderen Diktatur auf deutschem Boden, den rechtsextremen Parteien NPD und DVU, entgegnet wird, und dies dann wiederum dem Umgang mit SED/PDS gegenüberstellt, so muss man sehen, dass die deutsche Öffentlichkeit tatsächlich auf einem Auge blind ist – ein Fehler, der schon in der Weimarer Republik weitreichende und schwerwiegende Konsequenzen nach sich zog.

Insofern müsste also die Antwort auf die Frage, ob die PDS denn auch Osten wählbar sei, gerade dort – in dem Gebiet, das knappe 40 Jahre unter ihrer Diktatur zu leiden hatte – mit einem klaren Nein beantwortet werden. Dass die Realität dies aber widerlegt (so z.B. erreichte die SED/PDS bei den Landtagswahlen in Brandenburg 2004 einen Stimmenanteil von knapp 30% und zog damit als zweitstärkste Kraft ins Parlament), führt uns unmittelbar zur zweiten Frage.

Die Antwort auf die Frage, warum man selbst über ein Jahrzehnt nach der Wiedervereinigung noch von Ost und West spricht, für alte und neue Bundesländer verschiedene Statistiken und (Wahl-)Umfragen erstellt, ist simpel: diese Trennung, diese Mauer in den Köpfen ist überlebenswichtig für die Partei SED/PDS. Gäbe es kein Ost/West, sondern nur ein Deutschland, so würde die SED/PDS ihren Status als vermeintlicher Schutzpatron für die Entmündigten und Entrechteten verlieren, denn – und so hat die WASG richtig erkannt – im Westen ist sie nicht wählbar. Und hätte sie nicht mehr den Ruf des Advokaten der Ostdeutschen, so würde sie langsam aber sicher in die Bedeutungslosigkeit entschwinden und nur noch sporadisch – analog zu ihren Schwestern NPD und DVU – auftauchen. Und, wer weiß, vielleicht würden dann ja einmal ihre Verbrechen im großen Stil aufgearbeitet.

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